Bienenfleißig: die Hobby-Imkerin der NABU Streuobstwiese

Foto: Sigrid (privat)
Foto: Sigrid (privat)

Interview mit Sigrid

Auf der NABU Streuobstwiese bei Büttelborn gibt es zwar schon zwei Bienenstöcke, aber mit Sigrid haben wir nun eine "eigene", sehr engagierte Hobby-Imkerin gewonnen, die gerne mit uns zusammen ihr Öko-Bienenprojekt starten will.

 

 

Was sie dazu bewogen hat und sehr viel Interessantes zum Thema Bienen erzählt sie uns hier.  

 

  

Foto: pixabay
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RedaktionSigrid, beruflich hattest du mit Reiseverkehr zu tun, wie kamst du dann ausgerechnet auf die Honigbiene als Hobby?

 

SigridVor etwa sechs Jahren habe ich im Internet zufällig die Seite von „Mellifera e.V.“ entdeckt, als ich auf der Suche nach Bio-Saatgut war. Die artgerechte Bienenhaltung in der Bienenkiste, die dort beschrieben wird, hat mich sehr angesprochen. Die Idee, dies als Hobby in meinem Garten zu versuchen, kam bald danach auf, besonders, weil ich etwas für die Zeit nach meiner beruflichen Tätigkeit suchte.

Varroa Milbe (Foto: pixabay)
Varroa Milbe (Foto: pixabay)

RedaktionKann jeder so einfach Bienen halten oder züchten, oder ist das irgendwie geregelt?

 

Sigrid: Grundsätzlich darf jeder Bienen halten, soweit kein anderer dadurch unmittelbar gestört wird. Das ist sogar im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) erwähnt.

 

Trotzdem sind einige Bedingungen einzuhalten wie z. B. die zwingende Anmeldung beim Veterinäramt. Das „Können“ ist aber aus meiner Sicht noch mit weiteren wichtigen Details verbunden, damit so ein Bienenvolk gute Überlebenschancen hat und sich keine Bienenkrankheiten ausbreiten. Die Mitgliedschaft im Landesimkerverband und auch im örtlichen Imkerverein kann ich nur empfehlen.

 

Es ist wichtig, sich über mögliche Bienenkrankheiten und deren Bekämpfung zu informieren und diese bei Bedarf auch anzuwenden (z. B. die Behandlung gegen die Varroa Milbe). Außerdem ist es zwingend vorgeschrieben, bewohnte Bienenbehausungen, die auf öffentlich zugänglichem Gebiet stehen, mit Namen, Adresse und Telefonnummer des betreuenden Imkers zu versehen. Bienenvölker, die aus dem Landkreis gebracht werden, müssen vorab ein veterinäramtliches Gesundheitszeugnis vom zuständigen Bienensachverständigen erhalten.

 

Es gibt also einiges zu beachten, wenn man die Bienenhaltung ernsthaft betreiben will.

Foto: pixabay
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Redaktion:  Welche Eigenschaften oder Fähigkeiten sollte ein Imker aus deiner Sicht auf jeden Fall mitbringen?

 

Sigrid: Liebe zur Natur, möglichst keine Bienengift Allergie (man wird als Imker hin und wieder gestochen!) und keine starken Berührungsängste mit Insekten, Neugier auf Neues, Offenheit gegenüber anderen Imkern mit anderen Bienenhaltungsarten, Freude am dauerhaften Lernen, echtes Verantwortungsgefühl gegenüber den anvertrauten Tieren und Durchhaltevermögen, denn die Bienenhaltung sollte im Idealfall über viele Jahre andauern.

 

Außerdem sollte sich ein Neu-Imker darüber im Klaren sein, dass längere Reisen im Zeitraum von April bis Ende Juli unpassend sind, da alle wichtigen Tätigkeiten in diesen Zeitraum fallen – vom Schwärmen bis zur Honigernte und der anschließenden Milbenbehandlung. 

Foto: pixabay
Foto: pixabay

RedaktionWas hat dich dazu bewogen, auf unserer Streuobstwiese eine eigene Bienenkiste zusammen mit unserer NABU Jugendgruppe zu betreuen, obwohl du fast 20km weit entfernt wohnst, und meist mit dem Fahrrad nach Büttelborn kommst?

  

Sigrid: 2021 ist mein 4. Jahr, in dem ich selbst Bienen halte. Ich habe bisher zwei Bienenvölker in meinem Garten stehen. In den letzten Jahren habe ich so viel über das Imkern gelernt, dass ich mich fähig fühle, weitere Völker zu betreuen. In meinem Garten wird es aber zu eng, da ich auch Gemüse für den Eigenbedarf anbaue.

 

Die Anfrage vom NABU aus Büttelborn kam da gerade recht, auch weil es mir Spaß macht, das Thema „Bienenhaltung“ mit interessierten Kindern und Jugendlichen zu betreuen. Außerdem ist es für mich selbst sehr interessant, die Unterschiede in der Entwicklung zwischen den Bienenvölkern bei mir im Garten und in Büttelborn genauer zu betrachten. Ich werde sicherlich viel daraus lernen. Die Entfernung sollte kein Problem sein, denn ich fahre viel mit meinem e-Bike. Die Strecke nach/von Büttelborn ist eine prima Trainingseinheit und stellt neben dem Besuch guter Freunde jetzt ein noch schöneres Ziel dar.

Konventionelle Bienenbeute (Foto: pixabay)
Konventionelle Bienenbeute (Foto: pixabay)

Redaktion:  Weshalb sehen deine Bienenkisten denn so ganz anders aus als die Beuten, die man sonst sieht?

 

Sigrid: Da muss ich ein bisschen ausholen. Die Bienenbehausungen der „klassischen“ Imker (Magazinbeuten) dienen vornehmlich zur Honigproduktion.

 

Aufeinander steckbare Kästen, in die jeweils herausnehmbare Holzrähmchen mit vorgepressten Wachsplatten (Mittelwände) gehängt werden, bilden Brut Nest und Honigräume, nachdem die Wachsplatten von den Bienen zu Waben ausgebaut wurden. Der Imker kann die Rähmchen einzeln herausnehmen und so jederzeit in das Bienenvolk-Leben hineinsehen und auch eingreifen. Zur Honiggewinnung können die Rähmchen in eine Schleuder gesteckt und auch eine große Menge Honig effizient geerntet werden. Danach sind die Rähmchen wieder einsetzbar. Je nach Nektarangebot kann der Imker einen oder mehrere Honigräume aufsetzen und er kann auch leicht ein Bienenvolk verkleinern oder vergrößern, indem er einzelne Rähmchen weg oder dazu nimmt. Mit dieser Methode kann zwei Mal jährlich Honig geerntet werden.

Rahmen einer konventionellen Bienenbeute (Foto: pixabay)
Rahmen einer konventionellen Bienenbeute (Foto: pixabay)
Geöffnete Bienenkiste mit Naturwaben (Foto: Sigrid - privat)
Geöffnete Bienenkiste mit Naturwaben (Foto: Sigrid - privat)
Geschlossene Bienenkiste (Foto: Sigrid - privat)
Geschlossene Bienenkiste (Foto: Sigrid - privat)

Dagegen verfolgt „meine“ Bienenkiste (sie wurde aus dem "Krainer Bauernstock" entwickelt)  ein anderes Konzept. Es geht nicht um eine möglichst große Honigernte, obwohl ich mich natürlich über ein paar Gläser Honig freue. Die Bienenkiste ermöglicht eine natürlichere Bienenhaltung, denn sie bietet den Bienen ähnlich wie in der Natur einfach einen passenden Hohlraum aus Holz (ca. 2/3 der Bienenkiste), in den sie Naturwaben selbst bauen können, die Brutbereich und den dazu gehören Vorratsbereich für Honig und Pollen umfassen. Darüber hinaus gibt es im hinteren Drittel der Kiste einen zeitweise abgetrennten Bereich, in den die Bienen weitere Naturwaben bauen können, wenn der vordere Teil der Kiste weitgehend mit Waben ausgebaut ist. Hier wird zusätzlicher Honig eingelagert, wenn es genug Nektar zu sammeln gibt – in der Imkersprache nennen wir das „es gibt genügend Tracht“.

 

Und diese zusätzlichen Honigwaben ernte ich einmal jährlich im Hochsommer, wenn sie denn gefüllt sind. Der vordere Bereich der Bienenkiste bleibt unangetastet, so dass meine Bienen auch mit eigenem Honig überwintern können und ich nur bei wenig Tracht im Hochsommer etwas Zuckersirup zufüttern muss. Ich greife nicht ins Brutgeschehen ein und lasse auch das "Schwärmen" zu (das ist die natürliche Teilung des Bienenvolkes im Frühjahr, indem die Königin mit einem großen Teil der Arbeiterinnen auszieht und eine neue Behausung sucht ("Naturschwarm"). Die zurückbleibenden Bienen ziehen eine neue Königin heran).

 

Ich betrachte Bienen und Waben als Einheit, sozusagen als den Organismus „Bien“, der nicht ständig auseinandergenommen werden sollte. Zusammengefasst imkere ich nach Demeter Richtlinien:

  1. Fester Standort
  2. Naturwabenbau (Bienen kommunizieren u. a. mit Schwingungen der Waben. Holzrähmchen der klassischen Bienenhaltung erschweren dies)
  3.  Schwärmen zulassen (und die Schwärme möglichst einfangen!)
  4.  Keine fremde Königin zusetzen, wenn es sich nicht um einen Notfall handelt (ab Mitte Juli muss eine tote Königin durch den Imker ersetzt werden, da eine natürliche Nachzucht nicht mehr möglich ist)
  5. Königin nicht „käfigen“ (in der klassischen Imkerei gibt es Absperrgitter für die Königin, damit sie nicht in die Honigräume gehen und dort Eier legen kann)
  6. Kein "Drohnenschneiden" (in der klassischen Imkerei wird manchmal die Drohnenbrut herausgenommen, um den Milbenbefall (Varroa Milbe) zu reduzieren. M. E. haben Drohnen aber mehr Aufgaben, als nur die Königin zu begatten)
  7. Bienen mit eigenem Honig und nicht ausschließlich mit Zuckersirup überwintern lassen
  8. Milbenbehandlung nur mit natürlichen Säuren wie Ameisensäure und Oxalsäure
Bienenkönigin (Foto: pixabay)
Bienenkönigin (Foto: pixabay)
Konventionelle Honigwabe (Foto: pixabay)
Konventionelle Honigwabe (Foto: pixabay)

Redaktion:  Wie viele kleine, geflügelte „Haustiere“ betreust du?

 

Sigrid: Im Winter sind es ca. 15.000 – 20.000 Bienen pro Volk, im Sommer schon mal 40.000 – 60.000

 

Redaktion: Den Honigbienen in der erwerbsmäßigen Imkerei wird ja der Honig eigentlich „geklaut“ – ist das wirklich artgerecht?

 

Sigrid: Um es gleich vorweg zu sagen, ich "klaue" den Bienen ja auch am Ende des Hochsommers den zusätzlichen Honig aus dem hinteren Teil der Bienenkiste.

 

Wollen wir ehrlich sein, Honigbienen sind gezüchtete Nutztiere wie Rinder oder Hühner oder die meisten Fische, die wir heute essen. Wenn viele Menschen Honig essen wollen, kommen wir um die Erwerbsimkerei nicht herum, so wie wir auch nicht die Rinder-, Schweine- oder Hühnerzucht vermeiden können, wenn die meisten Menschen regelmäßig Fleisch essen wollen.

 

Aber auch in der Erwerbsimkerei gibt es extrem große Unterschiede. Die ganz großen Imkerbetriebe halten mehrere tausend Bienenvölker und gehen wohl nicht sehr zimperlich damit um. Der klassische Imker mit 10 – 100 Völkern kümmert sich i. d. R. sehr gut um seine Bienen, auch wenn er möglichst viel Honig ernten möchte.

 

Mit einer Bienenhaltung nach Demeter Richtlinien, wie ich sie betreibe, lässt sich erwerbsmäßig kein Honig produzieren. Hier geht es eher um Bestäubung und Naturschutz und natürlich um ein Hobby, das keinen monetären Ertrag abwirft.  

Westliche Honigbiene [Foto: naturgucker.de [A. Teichmannn])
Westliche Honigbiene [Foto: naturgucker.de [A. Teichmannn])

RedaktionWoran erkennst du, ob sich deine Bienen wirklich wohlfühlen?

  

Sigrid: Wenn reichlich Pollen eingetragen werden – das erkennt man an den farbigen „Pollenhöschen“ der Flugbienen, die in den Bienenstock zurück kommen – kann ich davon ausgehen, dass eine gesunde Königin ordentlich Eier legt und das Brutgeschehen und damit die Bienenvolkentwicklung seinen guten Lauf nimmt. Gesunde und „entspannte“ Bienen sind nicht aggressiv (außer man entnimmt Honigwaben!), brummen nicht laut und haben keine Schäden an den Flügeln. Außerdem achte ich darauf, dass keine Hinweise auf Krankheiten im Bienenstock zu sehen sind wie z. B. viele tote Milben, Kotspuren, sog. Kalkbrut (erstarrte Bienenlarven), etc. 

Phacelia & Sonnenblume (Foto: pixabay)
Phacelia & Sonnenblume (Foto: pixabay)

Redaktion: Haben Honigbienen eigentlich Lieblings-Futterpflanzen, oder mögen sie eher die "bunte Vielfalt" auf Feldern, Wiesen und in unseren Gärten?

  

SigridBienen lieben alle Blütenpflanzen, die reichlich Pollen und Nektar anbieten. Dabei sind sie „blütenstet“, was bedeutet, dass sie immer wieder die Blüten derselben Pflanzenart anfliegen, bis diese nicht mehr blüht. Für die Pflanzen ist das ein Vorteil, weil die Befruchtung mit dem richtigen Pollen auf diese Weise perfekt funktioniert. 

Kärntner Biene (Foto: naturgucker.de [M. Meffert])
Kärntner Biene (Foto: naturgucker.de [M. Meffert])

Redaktion:  Gibt es bei europäischen Honigbeinen unterschiedliche Arten? Welche Art betreust du?

 

Sigrid: Die „Westliche Honigbiene“ (Apis mellifera) hat über 20 Unterarten. In Europa werden vornehmlich die „Dunkle Europäische Biene“ (Apis mellifera mellifera), die „Kärntner Biene“ (Apis mellifera carnica), die „Buckfast Biene“ (Zuchtrasse) und die „Italienische Biene“ (Apis mellifera ligustica) gehalten.

 

Meine beiden Bienenvölker waren ursprünglich „Buckfast“ Bienen, haben sich aber durch die natürliche Nachzucht zweier neuer Königinnen schon sichtbar verändert. Vermutlich wurden die Königinnen von „Carnica“ Drohnen begattet. Mir ist das sehr recht, denn ich halte nicht viel von Inzucht.

Schwärmende Bienen (Foto: pixabay)
Schwärmende Bienen (Foto: pixabay)

Redaktion:  Honigbienen kann man ja - zu Glück - meist nicht im Zoofachhandel kaufen. Woher bekommst du deine Bienen, die dann z.B. auf die NABU Streuobstwiese sollen?

 

Sigrid: Stimmt, wohl aber im Internet und das weltweit und nicht immer von verantwortungsvollen Anbietern. Da werden auch schon mal Gesundheitszeugnisse gefälscht. Für Neu-Imker oft undurchschaubare Angebote. Bienen werden schon seit Jahrzehnten über den ganzen Globus per Post verschickt, was uns in Europa in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts leider auch die Varroa Milbe aus Asien eingeschleppt hat, die bis heute jedes Jahr hunderte von Bienenvölkern tötet. So etwas ist für mich natürlich keine Option.

 

Ich bevölkere eine neue Bienenkiste ausschließlich mit einem sog. "Naturschwarm", der sich aus dem natürlichen Vermehrungstrieb der Bienen bildet. Der große Vorteil dabei ist, dass so ein Schwarm zu 100% auf die neue Volksbildung und das schelle Bauen von neuen Waben eingestellt ist.

 

Alternativ dazu könnte man auch eine Menge an Bienen von einem Imker kaufen und eine gezüchtete Königin oder eine bereits geschlossene Königinnenzelle aus einer Wabe dazu setzen. Ich bin davon nicht sehr überzeugt, da die Motivation so eines „Kunstschwarms“ zur Neubildung eines Bienenvolkes deutlich geringer ist.

 

Meinen ersten Naturschwarm habe ich von einem Imkerkollegen bekommen, der ihn eingefangen hatte. Meine beiden derzeitigen Bienenvölker habe ich ebenfalls als Naturschwärme einem Imker abgekauft, dessen Bienen eigentlich nicht schwärmen sollten (klassische Imker ergreifen Maßnahmen zur Schwarmvermeidung, was aber nicht immer so gut klappt). Es gibt tatsächlich richtige „Schwarmjahre“ wie z. B. 2020. In meinem Imkerverein haben wir im letzten Jahr mehr als 20 Bienenschwärme eingefangen, wobei eigentlich nur meine beiden überhaupt schwärmen sollten. Wichtig zu wissen: Wer einen Schwarm einfängt, dem gehört er auch. Er darf ihn behalten oder weiter verkaufen.

Foto: pixabay
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Redaktion:  Erkennen dich deine Bienen etwa an der Stimme oder gar am Geruch? Und reagieren sie auf dich anders als auf „Fremde“?

 

Sigrid: Bienen haben keinen Gehörsinn, dafür aber einen sehr starken Geruchssinn. Außerdem verfügen sie über die Fähigkeit, kleinste Erschütterungen wahrzunehmen. Bienenkommunikation funktioniert z. B. sehr viel über Wabenvibration. Ich bin fest davon überzeugt, dass meine Bienen mich am Geruch erkennen vielleicht auch an der Vibration meiner Stimme. Ich kann sehr nahe ans Flugloch kommen ohne angegriffen zu werden. Außerdem öffne ich meine Bienenkisten bei Bedarf  ohne Schutzkleidung (außer bei der Honigernte) und werde – so lange ich ruhig bleibe – nicht gestochen. Und ja, sie reagieren auf Fremde aufgeregter. 

Frühjahrstracht (Foto: pixabay)
Frühjahrstracht (Foto: pixabay)

Redaktion:  Wie kann man sich – kurz zusammengefasst – den typischen Ablauf eines Bienenjahres vorstellen?

 

Sigrid: Februar: Erstes Ausfliegen der Bienen an einem milden Tag beobachten

März – Mai: Öffnen der Kiste mit Gesundheitsprüfung. Schwarmtrieb betreuen (Königinnenzellen prüfen, mögl. Schwarmgeschehen begleiten, Schwarm ggfls. einfangen)

Juni  - Juli: Honigeintrag prüfen, Honig ggfls. ernten, Milbenbehandlung mit Ameisensäure durchführen.

August – September: Falls nötig auffüttern auf ca. 15 kg Honig in der Kiste als Wintervorrat

Anfang Dezember: Milbenbehandlung mit Oxalsäure durchführen

Ansonsten jederzeit das Flugloch beobachten ohne die Bienen zu stören und für jedes Bienenvolk eine sog. Stockkarte führen, in der alle wichtigen Tätigkeiten und Beobachtungen eingetragen werden.

Foto: pixabay
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Redaktion:  Das Bienensterben ist ja leider in aller Munde? Betrifft dich das auch schon mit deinen Völkern? Konntest du bereits Auswirkungen des Klimawandels bei deinen Tieren feststellen?

 

Sigrid: Das Bienensterben betrifft zum einen vor allem Wildbienen, aber auch Honigbienen, die mit Giften aus bestimmten Pflanzenschutzmitteln in Berührung kommen. Davon bin ich zum Glück weitgehend verschont, da mein Standort an meinem Wohnort in einer Kleingartenanlage am Waldrand liegt – weitab von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Honigbienen fliegen in einem Umkreis von ca. 2 km, da gibt es bei mir vor allem Stadtgärten, Naturwald und wilde Wiesen. Hier droht mir zum Glück keine Gefahr.

 

Allerdings hat der Klimawandel durchaus Auswirkungen auf die Bienenhaltung. Die letzten drei Dürrejahre haben den Bienen im Hochsommer stark zugesetzt, da nach der Obstblüte nur noch wenig Nektar zur Verfügung stand. Selbst schön blühende Blumen hatten keinen Nektar mehr produziert. Natürlich kann man die Bienen mit Zufütterung am Leben halten, aber ideal ist das nicht. Mein erstes Bienenvolk hat vor drei Jahren den Winter leider nicht überlebt, weil es im November plötzlich für längere Zeit sehr warm wurde. Die Winterbienen, die eigentlich ruhig in einer Traube bleiben sollen, sind fleißig ausgeflogen, haben Nektar und Pollen gesucht und sich so zu stark abgearbeitet, dass sie die restliche Winterzeit nicht mehr überleben konnten. 

Foto: pixabay
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Redaktion:  Bienen, die in Städten leben, gelten als vitaler und gesünder (und deren Honig und Wachs als geringer mit Rückständen belastet) als Bienen, die im ländlichen Raum leben. Wie erklärst du dir diesen Umstand?

 

Sigrid: Vorab, Honig ist i. d. R. nicht oder nur sehr gering mit Rückständen belastet, die Bienen und das Wachs aber schon. Bienen, die in Städten leben, haben meist ein besseres Umfeld, weil sie viele Blühpflanzen von Februar bis November zur Verfügung haben (unterschiedlichste blühende Bäume, Sträucher und Blumen in Parks, Friedhöfen und Gärten). Der ländliche Raum ist dann für Bienen nicht mehr so gut geeignet, wenn er extensiv landwirtschaftlich genutzt wird und keine „wilden“ Bereiche oder Gärten mit genügend Blühpflanzen mehr bietet. Zusätzlich haben bestimmte Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft nachweislich sehr negative Auswirkungen auf die Bienengesundheit. Nach der Rapsblüte und ggfls. der Obstbaumblüte gibt es praktisch keine Blühpflanzen mehr, die den Bienen Nektar bieten. Eine regelrechte Wüste für Honig- und Wildbienen.

Bienenbeuten bei Büttelborn (Foto: NABU Büttelborn [ck])
Bienenbeuten bei Büttelborn (Foto: NABU Büttelborn [ck])

Redaktion:  In diesem Jahr stehen ungewöhnlich viele Bienenstöcke eines gewerblichen Imkers in der Nähe der Bruchwiesen bei Büttelborn. Könnte aus deiner Sicht daraus ein Verteilungskampf zwischen Honigbienen und den Wildbienen um die oft knappen Ressourcen Blüten-Nektar und Pollen entstehen?

 

Sigrid: Es kommt natürlich darauf an, wieviel „ungewöhnlich viele“ bedeutet. Vielleicht will der gewerbliche Imker eine bestimmte Blühpflanze nutzen und versetzt seine Bienenstöcke danach wieder. Wenn wir kein erneutes Dürrejahr bekommen, sollte es keinen Verteilungskampf geben. Wie schon erwähnt, haben Bienen einen sog. Sammelkreis von 2 – 2,5 km. Neben der NABU-Streuobstwiese gibt es noch weitere Naturbereiche und auch viele Gärten in diesem Umkreis, wenn ich es richtig gesehen habe.

Foto: pixabay
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ReaktionHonig ist bei uns Deutschen beliebt – jeder Deutsche isst rund 1kg Honig pro Jahr, aber nur ein kleiner Teil des konsumierten Honigs kommt auch aus unserem Land. Was kann man als Verbraucher tun, um zu verhindern, dass man Honig aus z.B.: China erwirbt?

 

Sigrid: Wer einen wirklich schmackhaften und gesunden Honig essen möchte, kauft ihn bei seinem ortsansässigen Imker und nicht im Supermarkt. Damit ist sichergestellt, dass man ein echtes Naturprodukt erhält, das die „Pollenlandschaft“ des eigenen Lebensraums beinhaltet. Damit kann man übrigens Pollenallergien vorbeugen. Pollenallergiker können sich sogar – wenn die Allergie nicht zu stark ausgebildet ist – damit re-sensibilisieren und die Allergie zurück drängen.

Foto: pixabay
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Redaktion:  Die NABU Streuobstwiese liegt als kleine „Insel“ inmitten intensiv genutzten Agrarlandes, auf dem – vermutlich – auch Glyphosat oder Neonicotinoide zum Einsatz kommen. Hast du da nicht auch ein bisschen Angst um das Wohlergehen deiner kleinen Insekten?

 

Sigrid: Gefahren gibt es überall! Ich bin aber sicher, dass sich die Bienen an ungespritzte Pflanzen halten, solange diese zur Verfügung stehen. Die NABU Streuobstwiese sollte bis in den Frühsommer hinein erst einmal eine perfekte Nahrungsquelle darstellen, danach hoffentlich auch viele Wildblumen oder Natursträucher in der Umgebung. Ich bin da eigentlich ganz zuversichtlich. Meine kleine Vergleichsstudie zwischen meinem eigenen Garten und der NABU-Streuobstwiese wird es zeigen.

 

Redaktion:  Was würde aus deiner Sicht geschehen, wenn die Honigbiene bei uns verschwindet? Könnten etwa die Wildbienen die Lücke füllen?

 

Sigrid: Aus meiner Sicht wird die Honigbiene nicht zuerst verschwinden. Denn als Nutztier kann sie bei guter Betreuung länger überleben als die Wildbienen. Dafür sorgen schon die Imker. Sehr viel mehr Sorgen mache ich mir über das große Wildbienensterben. Wildbienen könnten zwar aus meiner Sicht theoretisch die Lücke einer fehlenden Honigbiene füllen, wenn die Lebensbedingungen gut wären. Das sind sie aber nicht. Natürliche Lebensräume für Wildbienen wurden in den letzten Jahrzehnten immer weiter eingeschränkt, Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft werden nicht konsequent genug verboten. Hier liegt m. E. die wichtigste Aufgabe für uns alle, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Denn die Wildbienen sterben zuerst, danach die Honigbienen. Wir wollen uns nicht vorstellen, wie unsere Welt dann aussehen würde.

Foto: pixabay
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Redaktion:  So, nun noch zum Abschluss ein möglicher Literaturtipp: Maja Lundes‘ Roman „Die Geschichte der Bienen“. Ist der aus deiner Sicht lesenswert?

 

Sigrid: Ich habe dieses Buch mit großem Interesse gelesen. Ich kann gar nicht sagen, dass es mir „gefallen“ hat, denn es ist teilweise sehr düster. Aber es hat mich sehr gefesselt und lange beschäftigt. Ich kann es durchaus empfehlen! Und jetzt freue ich mich erst einmal auf ein spannendes neues Bienenprojekt in Büttelborn. [ck 03/21]

 

Sigrid, der NABU Büttelborn dankt dir für dieses sehr interessante Gespräch und wünscht dir und deinen kleinen Insekten-Freunden alles Gute.