Frage an den NABU Büttelborn:
Der NABU steht einer Ganzjahresfütterung eher skeptisch gegenüber, hingegen empfiehlt Prof. Peter Berthold das Gegenteil, nämlich Vögel auch im Sommer zu füttern, da diese in unserer aufgeräumten Naturlandschaft immer weniger Nahrung finden würden.
Vielfach wird gesagt, dass Vogeleltern ihre Jungen mit dargebotenen „Körnern mästen“ würden. Wie steht der NABU Büttelborn zum Thema „Ganzjahresfütterung“? Gibt es Empfehlungen?
Antwort:
Es ist tatsächlich so, dass - wie viele wissenschaftliche Studien zeigen - die Winterfütterung für viele der Arten am Futterhaus keinen besonders hohen Nutzen hat. Besonders die Arten, die gefährdet sind, erscheinen an den Futterstellen in der Regel ohnehin nicht!
Aber eine Winterfütterung schadet wiederum auch nicht - wenn sie richtig durchgeführt wird.
Der pädagogische Wert der Winterfütterung ist aus unserer Sicht ohnehin der wertvollste Aspekt, da dies einer der wichtigsten Wege ist, an die Vogelbeobachtung heranzuführen, Artenkenntnis zu vermitteln und häufig dazu führt, dass sich Menschen für den Natur- und Artenschutz engagieren (die Nähe der Vögel zum Mensch - und die Emotion der Menschen ist dabei das Entscheidende)!
Eine Sommerfütterung ist hingegen aus unserer Sicht deutlich problematischer. Diese führt häufig dazu, dass zur falschen Zeit das falsche Futter angeboten wird (z.B. noch die übriggebliebenen Meisenknödel, oder gar Verdorbenes anbieten - manches ist zwar gut gemeint, aber richtig schlecht für die Tiere)
Außerdem kommt es bei höheren Temperaturen im Sommerhalbjahr regelmäßig vor, dass sich die Futterplätze und/oder Tränken auch schnell zu Seuchen-Herden entwickeln können. Das kennen wir von „Trichomonas“-Seuchenzügen (führte zum "Grünfinkensterben") - aber auch Salmonellosen treten hier leider häufig auf. Oft findet man dann im Umfeld von solchen Ganzjahresfütterungen kranke oder tote Vögel.
Insbesondere während des Sommers müssen die kombinierten Futterplätze und Tränken peinlichst sauber gehalten werden (z.B. täglich das Wasser wechseln, den Film am Boden der Tränke austrocknen lassen und/oder schrubben, oder verschiedene Tränken abwechselnd nutzen ... ansonsten vermehren sich insbesondere in kleinen Tränken Erreger fast explosionsartig).
Natürlich schadet aber auch eine im Sommer vorbildlich unterhaltene Futterstelle nicht - wenn alles richtig gemacht wird!
Wir empfehlen oft alternativ dazu "vogelfreundliche Gärten" mit den entsprechenden Strukturen, die Brutplatz, Unterschlupf und Nahrung für verschiedene Arten bieten.
Es gibt auch sehr einfache Maßnahmen, die man empfehlen kann: Wenn man z.B. jährlich ein paar Sonnenblumen im Garten pflanzt, erfreuen einem nicht nur die Blüten (die auch von vielen Insekten besucht werden), sondern später im Jahr auch die vielen Vögel, die von den Samen profitieren (insbesondere Stieglitze, Grünfinken etc.), und beispielsweise gerne Sonnenblumenkerne herauspicken.
Letzten Endes ist das auch eine Art "Ganzjahresfütterung", aber ganz ohne die beschriebenen Risiken. Übrigens: Auch die Haltung von Hühnern führt häufig zur Förderung bestimmter Vogelarten (z.B. Feld- und Haussperlinge, Türkentaube), da diese von den Fütterungen profitieren.
[mw 01/21]
Fotos: pixabay